Woher weiß ich, ob ich eine Übertragung habe?

Das Erkennen einer Übertragung im psychoanalytischen Sinn kann subtil sein, aber es gibt typische Anzeichen. 

Übertragung bedeutet, dass du Gefühle, Erwartungen oder Beziehungsmuster aus früheren (meist kindlichen) Beziehungen – oft zu Eltern oder wichtigen Bezugspersonen – auf eine aktuelle Person überträgst, zum Beispiel auf deine Therapeutin oder deinen Therapeuten.

  1. Starke emotionale Reaktionen
    Du reagierst ungewöhnlich stark oder irrational auf jemanden – z.B. übermäßige Bewunderung, Angst, Wut oder Misstrauen – die sich nicht aus der aktuellen Beziehung erklären lassen.
  2. Gefühle „wie früher“
    Du hast das Gefühl, dich bei dieser Person ähnlich zu fühlen wie früher bei einer wichtigen Bezugsperson, z.B. „Ich fühle mich bei ihm wie bei meinem Vater.“
  3. Idealisierung oder Abwertung
    Du siehst die andere Person als übermäßig gut oder schlecht, fast wie eine Karikatur – „Sie ist die Einzige, die mich wirklich versteht“ oder „Er will mir bestimmt schaden.“
  4. Unbewusste Erwartungen
    Du erwartest (oft unbewusst), dass die andere Person sich in einer bestimmten Weise verhält, wie du es aus der Vergangenheit kennst – etwa dass sie dich verlassen wird, dich kritisieren wird, dich retten soll usw.
  5. Wiederholung alter Beziehungsmuster
    Du merkst, dass du dich in der Beziehung zu dieser Person so verhältst wie früher in deiner Herkunftsfamilie – vielleicht unterwürfig, kontrollierend, klammernd oder distanziert.

Werner Eberwein