Was meint stoisch?

Stoisch meint ursprünglich die Haltung der Stoa, einer antiken philosophischen Schule (gegründet ca. 300 v. Chr. in Athen von Zenon von Kition).

Im heutigen Sprachgebrauch bedeutet stoisch meistens:

  • gleichmütig, gelassen, unerschütterlich, auch unter Druck, Schmerz oder widrigen Umständen
  • ruhig und beherrscht, ohne sich durch Gefühle oder äußere Ereignisse aus der Fassung bringen zu lassen

Beispiele:

  • „Er ertrug die Schmerzen stoisch“ → er zeigte keine Klage oder Aufregung.
  • „Sie blieb stoisch ruhig, auch als es hektisch wurde.“

Philosophisch steckt dahinter die Idee:

  • Dass wir nicht kontrollieren können, was im Außen geschieht,
  • wohl aber, wie wir innerlich darauf reagieren.
  • Tugenden wie Weisheit, Besonnenheit, Selbstbeherrschung und innere Freiheit sind Kern der stoischen Lebenshaltung.

Kurz gesagt: stoisch = standhaft und gelassen, egal was passiert.

Stoische Grundprinzipien

1. Unterscheidung der Dinge (Kontroll-Dichotomie)

  • In meiner Kontrolle: Gedanken, Einstellungen, Handlungen, Entscheidungen.
  • Nicht in meiner Kontrolle: Mein Körper (Krankheit, Alterung), andere Menschen, Zufälle, Schicksal, Ruhm, Besitz.
    👉 Energie auf das lenken, was man beeinflussen kann – Gelassenheit gegenüber dem Rest.

2. Tugend als höchstes Gut

  • Für die Stoiker ist Tugend = gelebte Vernunft & innere Haltung.
  • Vier Kardinaltugenden:
    • Weisheit (klare Sicht, gutes Urteilen)
    • Mut (standhaft bleiben in Schwierigkeiten)
    • Gerechtigkeit (fair handeln, Respekt vor anderen)
    • Mäßigung (Selbstkontrolle, Balance halten)

Wer tugendhaft lebt, ist innerlich frei und zufrieden – unabhängig von äußeren Umständen.

3. Naturgemäß leben

  • Der Mensch ist Teil der Natur und soll im Einklang mit ihr leben.
  • Das heißt: die natürliche Vernunft nutzen, die eigene Rolle akzeptieren, Verantwortung übernehmen.

4. Gelassenheit gegenüber dem Schicksal (Amor Fati – „Liebe zum Schicksal“)

  • Alles, was geschieht, ist Teil eines größeren Ganzen.
  • Statt dagegen anzukämpfen: das Schicksal bejahen, auch wenn es schwer ist.
    Nicht nur akzeptieren, sondern das Leben lieben, so wie es ist.

5. Übung in Selbstreflexion

  • Stoiker trainierten sich täglich in:
    • Morgen-Reflexion (Welche Haltung will ich heute haben?)
    • Abend-Reflexion (Wie habe ich gehandelt? Was kann ich verbessern?)
  • Praktische Werkzeuge: Tagebuch, kurze Meditationen, innere Dialoge.

6. Umgang mit Emotionen

  • Stoiker wollten Gefühle nicht „unterdrücken“, sondern verstehen und zügeln.
  • Leid entsteht oft, wenn wir etwas kontrollieren wollen, das nicht in unserer Macht steht.
    Innere Ruhe durch Akzeptanz & Perspektivwechsel.

7. Kosmopolitismus (Verbundenheit)

  • Alle Menschen sind Teil derselben Weltgemeinschaft.
  • Verantwortung endet nicht an Grenzen – jeder trägt zum Ganzen bei.

Kurzformel stoischer Praxis:

„Konzentriere dich auf das, was du ändern kannst.
Akzeptiere, was du nicht ändern kannst.
Handle tugendhaft – dann bist du frei.“

Werner Eberwein