Was kann die Frau und ein*e Freund*in der Frau tun, wenn der Mann von der Frau die Frau bedroht?
Wenn der Mann seine Frau bedroht, gibt es mehrere Möglichkeiten, wie die Frau selbst und ihre Freundin handeln können, um Schutz und Hilfe zu bekommen. Hier sind konkrete Schritte:
1. Gefahrensituation: Sofortige Hilfe
Wenn die Frau aktuell bedroht wird oder in akuter Gefahr ist, sollte sie oder die Freundin sofort den Notruf (110) wählen. Die Polizei kann sofort eingreifen.
2. Beratungsstellen und Hilfseinrichtungen
Die Frau und ihre Freundin können sich an folgende Stellen wenden:
- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016 (kostenlos, anonym, 24/7, auch mit Dolmetscherdiensten)
- Frauenhäuser – sichere Unterkünfte für bedrohte Frauen
- Beratungsstellen vor Ort – z. B. von Caritas, Diakonie, pro familia
3. Polizeiliche Maßnahmen
Die Frau kann:
- eine Anzeige wegen Bedrohung oder häuslicher Gewalt erstatten
- ein Kontakt- oder Näherungsverbot nach dem Gewaltschutzgesetz beantragen
4. Dokumentation
Wichtig ist, dass Bedrohungen, Verletzungen oder Vorfälle dokumentiert werden (z. B. Fotos, Zeugen, ärztliche Atteste, Notizen mit Datum/Uhrzeit). Das hilft bei rechtlichen Schritten.
5. Unterstützung durch die Freundin
Die Freundin kann helfen, indem sie:
- zuhört und die Frau ernst nimmt
- mit ihr gemeinsam Hilfe sucht (z. B. bei Beratungsstellen)
- sie in schwierigen Momenten begleitet (z. B. zur Polizei oder zu Terminen)
Wenn das nicht möglich ist, dass die Frau die Polizei anruft?
Wenn die Frau nicht selbst die Polizei rufen kann – zum Beispiel weil der Mann sie kontrolliert, einschüchtert oder ihr das Telefon wegnimmt – gibt es trotzdem Wege, wie sie oder ihre Freundin Hilfe bekommen können:
1. Die Freundin ruft die Polizei
Wenn die Freundin von einer akuten Bedrohung weiß oder den Verdacht hat, dass etwas Schlimmes passiert, darf und sollte sie selbst den Notruf (110) wählen. Sie muss kein direkter Zeuge sein. Es reicht, wenn sie begründet befürchtet, dass Gefahr besteht.
Beispiel:
„Ich mache mir große Sorgen um meine Freundin. Ihr Mann hat sie bedroht. Ich glaube, sie ist in Gefahr. Bitte schicken Sie jemanden zur Adresse [Adresse].“
2. Codewörter oder Zeichen
Wenn die Frau nicht offen sprechen kann, kann sie mit der Freundin ein Codewort oder ein verabredetes Zeichenausmachen. Zum Beispiel:
- Ein bestimmter Satz wie: „Ich wollte nur fragen, ob du das Buch noch hast.“
- Eine stille Nachricht, z. B. ein leerer WhatsApp-Status oder ein Emoji
3. Online-Hilfe
Wenn die Frau nicht telefonieren kann, gibt es auch Online-Chat-Angebote, z. B. beim:
4. Ärztinnen, Apotheke, Nachbarinnen
Wenn sie einen Arzttermin oder Apothekenbesuch wahrnehmen darf, kann sie dort Hilfe suchen. Einige Apotheken machen z. B. bei der Aktion „Maske 19“ mit – sagt sie dort „Ich brauche Maske 19“, wird diskret Hilfe organisiert.
5. Langfristiger Fluchtplan
Falls akute Hilfe nicht möglich ist, kann die Freundin helfen, still einen Plan vorzubereiten:
- Wichtige Dokumente, Kleidung und Medikamente an einem sicheren Ort deponieren
- Kontakt zu Frauenhaus oder Beratungsstelle aufbauen
- Fluchtweg planen (wann, wie, wohin)
Hier ist ein Beispiel für einen stillen Notfallplan, den eine bedrohte Frau gemeinsam mit einer Freundin vorbereiten kann, ohne dass der Mann es merkt:
Stiller Notfallplan – Beispiel
1. Vertrauensperson:
- Freundin: Sabine Müller
- Telefonnummer: 0176 123456789
- Sie weiß Bescheid und ist bereit zu helfen.
2. Versteckter Fluchtbeutel (z. B. bei Sabine):
- Kleidung (für 2–3 Tage)
- Ausweis, Krankenkassenkarte, Bankkarte
- Medikamente
- Handy mit Ladegerät (Ersatzhandy)
- Bargeld
- Liste mit wichtigen Nummern
3. Geheimer Ort zur Flucht:
- Adresse des nächstgelegenen Frauenhauses oder der Freundin
(Sabine: [Adresse]) - Frauenhaus Telefonnummer (z. B.): 030 123456
4. Codewort mit Sabine (z. B.):
- „Hast du das Buch noch?“
→ Das heißt: „Ich bin in Gefahr, ruf bitte Hilfe.“
5. Sichere Zeit für Kontakt:
- Jeden Tag gegen 14 Uhr kann die Frau heimlich schreiben oder anrufen.
Wenn kein Kontakt kommt, prüft Sabine, ob etwas nicht stimmt.
6. Wichtige Unterlagen (Kopien bei Sabine oder sicher aufbewahrt):
- Mietvertrag
- Geburtsurkunden der Kinder
- Kontoauszüge
- Nachweise über Gewalt (z. B. Fotos, Nachrichten, Arztberichte)
7. Transportmittel:
- Busfahrkarte / Taxigeld im Fluchtbeutel
- Notfallkontakt, der sie im Ernstfall abholt (Sabine oder Taxi)
Hier ist ein getarnter Notfallplan als Einkaufszettel. Von außen sieht er ganz normal aus, aber die Frau und ihre Freundin wissen, was die Begriffe wirklich bedeuten:
Einkaufsliste – Montag
(= Notfallplan)
- 2x Milch
→ Kleidung für 2–3 Tage - Kaffee – Sabine
→ Freundin Sabine ist Notfallkontakt - 1 Packung Pflaster
→ Medikamente einpacken - Käse – mild
→ Ausweis, Bankkarte, Krankenkassenkarte - 1x Taschenlampe + Batterien
→ Handy + Ladegerät + Bargeld - Reis – Adresse auf der Packung prüfen
→ Adresse vom Frauenhaus oder Fluchtort - Buch nachfragen (altes)
→ Codewort: „Hast du das Buch noch?“ bedeutet Gefahr - 1 Tüte Nüsse – frisch
→ Liste mit wichtigen Telefonnummern - Brot – nicht schneiden lassen
→ Keine Spuren hinterlassen, unauffällig bleiben - Zettel ausdrucken (Rezept von letzter Woche)
→ Dokumente/Kopien bereithalten (Mietvertrag, Urkunden usw.) - Taxibonus sammeln
→ Geld für Taxi oder Bus bereitlegen
Werner Eberwein