Was ist der böse Blick?

Der „böse Blick“ (oft auch evil eye genannt) ist ein weitverbreiteter Volksglaube, der sich in vielen Kulturen und Religionen findet – von Europa über den Nahen Osten und Nordafrika bis nach Indien und Lateinamerika.

Grundidee

  • Der Glaube besagt, dass ein neidischer oder feindseliger Blick eine schädliche Wirkung auf die Person, das Tier oder den Gegenstand haben kann, der angeschaut wird.
  • Besonders betroffen gelten Kinder, schöne Menschen, fruchtbare Frauen oder wertvolle Dinge.

Wirkung

  • Dem bösen Blick werden Unglück, Krankheit, Missgeschick oder Schwächung zugeschrieben.
  • Psychologisch könnte man sagen: Er symbolisiert die Angst vor Neid und Missgunst anderer.

Abwehr

In vielen Kulturen gibt es Amulette, Rituale oder Gebete, die den bösen Blick abwehren sollen, z. B.:

  • Türkei/Griechenland: das bekannte blaue Auge (Nazar-Amulett).
  • Mittelmeerraum: Gesten mit der Hand (z. B. „mano cornuta“ – die Hörnerhand).
  • Judentum/Islam: Segenssprüche gegen Neid.
  • Lateinamerika: kleine Schutzkreuze oder das Tragen roter Bänder.

Kulturelle und psychologische Bedeutung

  • Anthropologisch gilt der böse Blick als eine Symbolisierung sozialer Spannungen: Er macht unsichtbare Gefühle wie Neid, Eifersucht oder Missgunst greifbar.
  • Psychologisch lässt sich sagen: Der Glaube daran hilft, unerklärliche Krankheiten oder Unglücke zu deuten und gleichzeitig soziale Kontrolle auszuüben (man soll nicht zu sehr prahlen oder angeben, um keinen Neid zu provozieren).

Er ist also weniger ein realer Blick, sondern mehr ein kulturelles Deutungsmuster für das Wirken von Neid und negativer Energie.

Werner Eberwein