Wie geht Hypnose bei somatoformen Schmerzstörungen?

Somatoforme Schmerzstörungen sind chronische Schmerzen, für die es keine körperlichen Gründe gibt und die im Zusammenhang mit psychosozialen Schwierigkeiten oder mit Konflikten des Patienten stehen.

Somatoforme Störungen sind körperliche Beschwerden, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen … Kennzeichnend ist eine intensive Fixierung auf bestimmte körperliche … Symptome, die zu erheblichem Leid führen und die alltägliche Lebensführung beeinträchtigen … Somatoforme Symptome treten bei circa 80 Prozent der Bevölkerung … auf … Somatoforme Störungen gehören zu den häufigsten Beschwerden bei Patienten von Allgemeinärzten und Allgemeinkrankenhäusern: Mindestens 20 Prozent aller, die einen Hausarzt aufsuchen, leiden daran. Aus stationären Abteilungen wird eine Häufigkeit von 10 bis zu 40 Prozent berichtet. Patienten mit somatoformen Störungen werden vom Hausarzt oft als schwierig wahrgenommen; die Betroffenen selbst wiederum sind oft von ihren Behandlern enttäuscht, was einerseits zum Ärztehopping führen kann, zum anderen auch mit dem Begriff „Syndrom der dicken Akte“ bezeichnet wurde. Häufig wird die Erkrankung erst spät erkannt und es vergehen oft Jahre, bis der Patient zum Psychotherapeuten überwiesen wird oder bereit ist, sich mit einer anderen als einer rein körperlichen Verursachung auseinanderzusetzen. … Die Kosten für die Behandlung dieser Personengruppe sind immens … (Wikipedia)

Wenn ein Patient unter somatoformen Schmerzstörungen leidet, dann ist seine erste Idee: „Was für ein Arzt könnte infrage kommen, für Schmerzen in dem körperlichen Bereich?“

In diesem Bereich gibt es oft bizarre Schmerzformen, z.B.: „Ich habe das Gefühl, dass eine glühende Kugel in meinem Mund ist.“

Die meisten Patienten wollen partout nicht einsehen wollen, dass ihre Schmerzen etwas mit ihrer Psyche zu tun haben. Sie erwarten von einem Hypnotherapeuten, dass der ihnen ein „psychisches Medikament“ gibt, und dann sind sie wieder gesund.

Wenn der Hypnotherapeut die Frage stellt, was die Schmerzen für eine psychische Ursache haben, sind die Patienten oft überrascht bis ärgerlich bis wütend und weisen das weit von sich, wollen sich darauf nicht einlassen. Ihrer Meinung nach sind sie nicht zum Psychotherapeuten gekommen, sondern zum Hypnotherapeuten.

Die Konzeption „Schmerz als körperlich“ wird der Hypnotherapeut zuerst einmal akzeptieren.

Der Patient hat keine Probleme damit, dass Entspannung gut tut. Also in den ersten paar Sitzungen beginnen wir mit Entspannung.

Und dann: „Wenn sie sich gut fühlen, dann hat das einen Einfluss auf ihren Schmerz.“ Die Gefühle des Patienten werden thematisiert.

„Wenn Sie mir berichtet haben, dass … (eine Situation aus dem Alltag des Patienten) ihren Schmerz verstärkt hat, dann ist davon aus zu gehen das … ihre Gefühle beeinflusst haben, die ihren Schmerz verstärkt haben.“ Das Verhalten des Patienten wird thematisiert.

Wenn die Patienten Angst haben, als „psychosomatisch“ bezeichnen zu werden, sagt der Hypnotherapeut: „Es ist noch nie Hypnose mit ihnen gemacht worden. Ich spreche mit dem Unbewussten, darauf haben sie gar keinen Einfluss.“

Die Hypnose ist nur ein Abschnitt von der gesamten Behandlung. Es geht später um die offene Auseinandersetzung, z.B. mit den Eltern, mit dem Vorgesetzten, mit dem Partner usw. um die Konflikte, die dem Schmerz zu Grunde liegen.

 

Hypnotische Entspannung
und direkte symptomorientierte Suggestion
sind sehr effektiv.

 

In der Entspannung können indirekt Suggestionen gegen den Schmerz gegeben werden: „Sie fühlen Entspannung … eine geborgene Entspannung … eine Entspannung, die Weite schafft … eine sichere Entspannung … und diese ruhige Sicherheit und diese sichere Ruhe können auch Ebenen erreichen die sie bewusst nicht erreichen können …“.

Oder: „Sie fühlen Entspannung … eine starke Entspannung … die etwas Widerstandsfähiges hat … die standhält … eine feste Entspannung … und diese ruhige Stärke und diese starke Ruhe … können auch Ebenen erreichen, die sie bewusst nicht erreichen können …“.

Das Gefühl, das gut ist für den Schmerz, ist vielleicht ein stabiles Selbstwertgefühl oder ein Gefühl von Geborgenheit. Das kann zum Beispiel induziert werden, durch eine Situation, in der Patient eine selbstwertstärkende Erfahrungen gemacht hat. Oder wenn der Schmerz fordert, dass der Patient sich geborgen fühlt, dann kann das induziert werden, durch eine Situation, in der der Patient sich geborgen gefühlt hat.

Dann lenkt der Hypnotherapeut das stabile Selbstwertgefühl/das geborgene Gefühl in eine Gegend des Körpers wo der Schmerz sitzt. Wenn man das tut, ist zu erwarten, dass der Schmerz sich deutlich reduziert oder erstmal ganz weg ist.

Eine andere Möglichkeit wäre, z.B. mit einem Patienten der eine Gesichtsneuralgie hat, und der einen Mangel an Zärtlichkeit hat, was zu dem Schmerz führt, z.B. zu suggerieren, dass er vor langer Zeit, als er in dem „Tanz in den Mai“ seine Frau in dem Arm gehalten hat und ihre Wange an der seinen gespürt hat, die Wange der Frau spürt (und nicht die seine).

Die Gefühle haben ja auch zu tun mit Körperreaktionen. Das kann sich der Hypnotherapeut zu Nutze machen, indem er die Körperreaktionen, die mit den Gefühlen zusammenhängen, induziert. Z.B. ein Gefühl von Freude hängt zusammen mit einem Erlebnis von Weite. Also kann der Hypnotherapeuten ein Erlebnis von Weite suggerieren, das (unterschwellig) ein Gefühl von Freude bewirkt. Und dann wird das Erlebnis von Weite verschoben in die Region des Körpers, wo der Schmerz sitzt.

Eine andere Möglichkeit wäre, dem Schmerz in ein Symbol zu verwandeln, mit dem der Patient interagiert. Wenn der Schmerz Wut vom Patienten fordert, dann suggeriert der Hypnotherapeut, dass der Patient ein Symbol von dem Schmerz anschreit. Und wenn er das tut, dann sagt der dem Schmerz genau das, was er eigentlich seinen Eltern, seinem Partner, seinem Vorgesetzten usw. sagen will, z.B.: „Du tust mir weh, verschwinde endlich, ich hasse dich, ich will dich nicht mehr sehen“ usw.

Wenn das Gefühl bzw. das Körpererleben, das den Schmerz ankündigt, da ist, dann soll der Patient Einatmen und mit dem Ausatem in die Ressource sich fallen lassen z.B. in die Sicherheit, das stabile Selbstwertgefühl usw. Das soll er zu Hause üben.

Dann suggeriert der Hypnotherapeuten eine Problemsituation und dass der Patient „unangreifbar“ in der Problemsituation ist.

Excerpt von Walter Bongartz: „Hypnose bei somatoformen Schmerzstörungen“ auf dem Kongress: „Schmerz und Hypnose“, Jahrestagung der Milton-Erickson-Gesellschaft und der DGPSF, 03.-06. März 2005, Bad Orb, Vortrag