Was ist ein Minderwertigkeitskomplex?

Ein Minderwertigkeitskomplex ist ein psychologisches Konzept, das beschreibt, wie sich ein Mensch übermäßig und dauerhaft als weniger wertvoll, unzulänglich oder unterlegen im Vergleich zu anderen empfindet. Es geht dabei nicht nur um gelegentliche Selbstzweifel, sondern um ein tief sitzendes Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit, das Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen kann.

Merkmale eines Minderwertigkeitskomplexes:

  • Ständige Selbstkritik: Die Person sieht sich als „nicht gut genug“, egal was sie erreicht.
  • Vergleich mit anderen: Oft wird sich negativ mit anderen verglichen, was die eigenen Unsicherheiten verstärkt.
  • Überkompensation: Manche Menschen versuchen, ihren gefühlten Mangel durch übermäßige Leistungen, Perfektionismus oder Dominanz zu überdecken.
  • Soziale Unsicherheit: Angst, nicht dazuzugehören oder abgelehnt zu werden, ist häufig.
  • Empfindlichkeit gegenüber Kritik: Selbst harmlose Rückmeldungen können als tiefe persönliche Kränkung erlebt werden.

Ein Minderwertigkeitskomplex entsteht meist in der Kindheit oder Jugend, oft durch:

  • Abwertung, Kritik oder emotionale Vernachlässigung
  • Leistungsdruck oder Vergleich mit Geschwistern
  • Traumatische Erfahrungen oder Mobbing
  • Überbehütung (das Gefühl, unfähig zu sein, selbstständig zu handeln)

Der Ausdruck geht auf den Psychologen Alfred Adler zurück, der ihn im Rahmen seiner Individualpsychologie geprägt hat. Für Adler war das Gefühl von Minderwertigkeit ein natürlicher Teil der menschlichen Entwicklung, solange es Antrieb zur Weiterentwicklung ist. Erst wenn dieses Gefühl übermächtig wird und die Persönlichkeit dauerhaft prägt, spricht man von einem Komplex.

Werner Eberwein