Wie ist der Stand der Planungen zum künftigen Direktstudium „Psychotherapeut/in mit Approbation“?
Am 22.9.2016 hielt Manfred Thielen, Sprecher des Ausschusses „Aus-, Fort- und Weiterbildung“ der Psychotherapeutenkammer Berlin im Rahmen einer Informationsveranstaltung zur Ausbildungsreform einen 40-minütigen Vortrag, in dem er den Stand der Planungen zum kommenden Direktstudium „Master-Psychotherapeut/in mit Approbation“ erläuterte.
Sie können den Vortrag >>hier online nachhören.
Hier einige zusammenfassende Stichworte dazu:
In diesem Spätsommer soll der Referentenentwurf zur Novellierung des Psychotherapeutengesetzes
(PsychThG) und zu einer neuen Approbationsordnung des Bundesministeriums für
Gesundheit (BMG) vorliegen. Die Vorstände und die DelegiertInnen der Bundes- (BPtK) und
der Landespsychotherapeutenkammern haben sich intensiv mit der Thematik beschäftigt,
und der Vorstand der BPtK und die Bund-Länder-AG haben entsprechende Eckpunkte zur
Novellierung, Approbationsstudium und Weiterbildung vorgelegt. Wegweisend sind dabei die
Beschlüsse des 25. Deutschen Psychotherapeutentages (DPT), der Delegiertenversammlung
der BPtK, vom November 2014. Dort wurde beschlossen, dass es ein
Direktstudium Psychotherapie geben soll, in dem die vier Grundorientierungen der
Psychotherapie – verhaltenstherapeutisch, psychodynamisch, systemisch und humanistisch
– gleichberechtigt und mit Strukturqualität vermittelt werden sollen und mit einer Approbation
endet. Danach soll eine Weiterbildung erfolgen, in der die Fachkunde erworben werden
kann.
Die Eckpunkte beziehen sich auf 3 Bereiche: Novellierung des PsychThG, Approbationsstudium
und Weiterbildung.
Der Berliner Ausschuss „Aus-, Fort-, Weiterbildung“ (AFW) hat zu den Eckpunkten eine
eigene Stellungnahme entwickelt. Die kritischen Punkte der gegenwärtigen
Ausbildungsdiskussion werden im Folgenden kurz erläutert.
Novellierung: Bei der Auseinandersetzung um die Novellierung des PsychThG geht es vor
allem um eine Neufassung der Legaldefinition Psychotherapie und die Rolle des
Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (WBP). Auf der Bundesebene scheint die
Aufhebung der Bindung der psychotherapeutischen Tätigkeit an „wissenschaftlich
anerkannte Verfahren“ Konsens zu sein, im AFW wird sie kontrovers diskutiert. Nach § 11
des PsychThG kann eine jeweilige Landesbehörde bei Zweifeln über die
Wissenschaftlichkeit eines Psychotherapieverfahrens den Wissenschaftlichen Beirat
Psychotherapie (WBP) beratend heranziehen. Wenn eine wissenschaftliche Anerkanntheit
eines Verfahrens durch den WBP nachvollzogen wurde, dann ist es berufsrechtlich
anerkannt und es kann darin die Fachkunde und die Approbation erworben werden. Die
Mehrheit des AFW hat sich für die Beibehaltung des WBP, aber für eine Wahl seiner
Mitglieder ausgesprochen.
Darüber hinaus wird kritisiert, dass die notwendigen Finanzierungsfragen, um das geplante
„Approbationsstudium“ durchführen zu können, nach wie vor vollständig ungeklärt sind.
Approbationsstudium: In den Eckpunkten wird von einem 6-semestrigen Bachelor (BA)-
Studium ausgegangen, auf das ein 5- semestriges Masterstudium (MA) folgt, das 1
Praxissemester beinhaltet und mit einem Staatsexamen endet. Der Ausschuss hält
insbesondere das MA-Studium für zu kurz, um ausreichend psychotherapeutische
Qualifikationen vermitteln zu können und fordert ein 12-semestriges Studium. Weiter tritt er
dafür ein, dass bereits im BA-Studium eine Ausrichtung auf Psychotherapie in Form von
Fallseminaren u.a. erfolgen soll. Im Eckpunktepapier wird hingegen von einem, durch
Praktika ergänztes, BA-Psychologie-Studium ausgegangen, das Psychotherapiestudium im
engeren Sinne soll erst im Masterstudium beginnen. Inhaltlich sollen bereits im BA-Studium
die vier Grundorientierungen gleichberechtigt vermittelt werden. Im Widerspruch dazu
steht allerdings, dass nach Auffassung des VS der BPtK die Hochschulambulanzen, in
denen die StudentInnen auch Praktikas bzw. Praxissemester machen können, nur „zwei
wissenschaftlich anerkannte Verfahren“ anbieten müssen. Für den Ausschuss ist dies nicht
konsistent mit den Beschlüssen des 25. DPT.
In den Eckpunkten wird darüber hinaus von „Selbstreflexion“ gesprochen, während sich der
AFW einhellig für den Begriff „Selbsterfahrung“ ausspricht. Die Selbsterfahrung wird als
wesentlicher Bestandteil der psychotherapeutischen Qualifikation angesehen. Mehrheitlich
wird die Position vertreten, Selbsterfahrung im Umfang von mind. 50 Std. im Studium
anzubieten.
Weiterbildung: In den Eckpunkten wird sie auf die „wissenschaftlich anerkannten Verfahren“
beschränkt. Die Mehrheit des AFW möchte sie aber für alle Grundorientierungen, auch die
Humanistische Psychotherapie, öffnen, während die Minderheit den Eckpunkten zustimmt.
Für eine Weiterbildung aus einer Hand setzt sich ebenfalls die Mehrheit ein. Die bisherigen
Ausbildungsinstitute, die jahrzehntelange Erfahrungen in der Ausbildung haben, sollten als
zukünftige Weiterbildungsinstitute ihr Curriculum zur verfahrensspezifischen Fachkunde
konsistent und kohärent anbieten.
In den Eckpunkten soll auf einer Basisweiterbildung von 200 Std. eine Verfahrensvertiefung
anknüpfen. Sie soll 400 Std. Theorie, 1.600 Behandlungsstunden mit 200
Stunden Supervision, 120 Stunden Selbsterfahrung umfassen. Die Mehrheit des AFW geht
er von deutlich niedrigeren Zahlen aus, nämlich 300 Stunden Theorie, mind. 600
Behandlungsstunden mit 125 Stunden Supervision, 120 Stunden Selbsterfahrung. Er
orientiert sich dabei im Wesentlichen an den Anforderungen zur Fachkunde der jetzigen
Ausbildung. Darüber hinaus unterstützt er natürlich die Forderung der PiA nach einer
angemessenen Vergütung ihrer Tätigkeit und fordert, dass die entsprechenden
Finanzierungsmöglichkeiten rechtssicher und verlässlich geschaffen werden.
25.07.2016
gez. Manfred Thielen, Sprecher des Ausschusses Aus,- Fort- Weiterbildung der PTK Berlin