Wie verändert sich etwas durch Psychotherapie?

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Diese Frage würde von Vertreter der verschiedenen Therapieverfahren ganz unterschiedlich beantwortet. Ich möchte hier einige Aspekte herausgreifen und diese von meinem eigenen, vor allem humanistisch-psychodynamisch geprägten Standpunkt aus formulieren.

Meiner Meinung nach beruhen alle Formen von psychischem Leid auf Selbstschutz- bzw. Abwehrprozessen, insbesondere auf der Abwehr eines als unerträglich empfundenen Zustand des Seelischen, den ich in Ermangelung eines besseren Begriffes als „latente Fragmentierung“ bezeichne. Gemeint ist ein inneres Erleben, in dem ein Mensch massive Angst davor hat, dass die Integrität seines Selbst zerrissen oder zerschmettert wird durch eine seelische Erschütterung, als Folge eines Ansturms von ambivalenten Emotionen.

Meines Erachtens entstehen alle psychischen oder psychosomatischen Symptome wie Depressionen, Ängste, Zwänge, Abhängigkeiten, psychosomatische oder Beziehungsstörungen aktuell und biografisch aus der Abwehr von Fragmentierungsängsten. Die Ursache von psychischem Leid ist also unbewusste Abwehr, die dazu dient, Fragmentierungsängste notdürftig (und unter Hervorbringung von Symptomen) zu bewältigen. Ziel der psychotherapeutischen Arbeit ist es, alternative Verarbeitungsmöglichkeiten zu entwickeln, um Abwehrprozesse zu überwinden, Abgewehrtes zu integrieren und latente Ressourcen zu aktivieren.

Ziel der therapeutischen Veränderung ist Ganzheit

Die heilsamen und wohltuenden Effekte von Psychotherapie entstehen vor allem aus einer Gestaltung der therapeutischen Beziehung, die dem Patienten hilft, mit seinen Fragmentierungsängsten besser klarzukommen. Um dies zu bewirken, hilft es dem Patienten:

    • neue, korrektive Erfahrungen zu machen – z.B. die Erfahrung, vom Therapeuten Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erhalten in Bereichen, in denen er in seinem bisherigen Leben Ablehnung, Abwiegelei oder Gleichgültigkeit erfahren hat, und Gefühle zu spüren oder Anteile seiner selbst wahrzunehmen, die er bisher nicht kannte oder nicht zuzulassen wagte,
    • abgespaltene Anteile zu integrieren – also abgewehrte Emotionen zuzulassen, abgespaltene Persönlichkeitsanteile anzunehmen oder sich unbewusst agierter Kommunikationsstile bewusst zu werden,
    • sich an einem persönlichen Lebenssinn zu orientieren – d.h. eine Vision der Lebensgestaltung zu entwickeln, in der er sich wohl und erfüllt fühlt, von Sinn getragene Ziele verfolgt und persönliche Wertvorstellungen erarbeitet,
    • sich selbst tiefer zu verstehen – d.h. zu begreifen und in Worte fassen zu lernen, wie sein gegenwärtiges Fühlen, Denken und Handeln mit seiner Lebensgeschichte, seiner Einbindung in soziale Netze und mit der unbewusste Dynamik seiner Psyche zusammenhängen,
    • sich zu refokussieren – also eigene Standpunkte zu überdenken, sich in die Standpunkte und Sichtweisen anderer Menschen hineinversetzen zu können und seine Sichtweise von einem problemverhafteten zu einem ressourcenorientierten Blickwinkel zu wandeln,
    • seine Körperenergie zu harmonisieren – z.B. zu lernen, sich zu beruhigen, zu stabilisieren, energetisch aufzuladen oder zu entladen.

Ein wichtiger Effekt nachhaltiger psychotherapeutische Arbeit ist es, dass der Patient lernt, „zu kommunizieren, statt zu agieren“: wo er von automatisierten Mustern beherrscht ist (und dadurch manche Dinge nicht tun kann, andere immer wieder tun muss, obwohl ihm das nicht gut tut), kann er in der Psychotherapie lernen, diese Anteile kommunikativ zu vermitteln, statt in seinem Handeln von ihnen unbewusst kontrolliert zu werden.

Wer von massiven, unerträglichen Ängsten vor Einsamkeit oder Verlassenwerden, vor Emotionsüberflutung oder Kontrollverlust getrieben wird, kann seine Beziehungen, sein Verhalten und seine körperenergetischen Prozesse zunächst nicht so regulieren, dass er sich gut fühlt. In dem Maße, in dem er in der Psychotherapie lernt, diese Ängste wahrzunehmen, zu ertragen und zu mit ihnen klarzukommen, gewinnt er ein Stück mehr Wahlfreiheit. Er „hat“ die Angst (d.h. er kann sie spüren und ertragen), aber die Angst „hat“ ihn nicht mehr (so sehr).

Dieses hier kurz angerissene Konzept wird in meinem Buch “Humanistische Psychotherapie” (Thieme 2009) ausführlich dargestellt.

Werner Eberwein

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