Wie entstehen Depressionen?
Zur Entstehung von Depressionen gibt es eine Vielfalt von psychologischen und neurologischen Theorien, die zu jeweils unterschiedlichen Behandlungsformen führen.
Verhaltenstherapeutische Theorien
In der Verhaltenstherapie geht man davon aus, dass Depressionen entstehen durch
- Gefühle der Hilflosigkeit, weil man unerträglichen unkontrollierbaren Situationen ausgesetzt ist oder war (Seligmann),
- verzerrende Denkmuster (dysfunktionale kognitive Schemata), durch die die Realität auf eine Weise interpretiert wird, die zu Depressionen führt ( Beck),
- einen Mangel an Belohnungen, wodurch die Handlungsmotivation abnimmt (Lewinsohn).
Psychoanalytische Theorien
- In der Psychoanalyse sind Depressionen vor allem ein Resultat von gegen sich selbst gerichteten Aggressionen.
- Depressionen entstehen durch biografisch durch Verlust der Bindung an eine primäre Bezugsperson oder durch schwere Beeinträchtigungen einer solchen Bindung. Dadurch gerät das Kind in einen Zustand der Hilflosigkeit und sehnt sich nach der ursprünglichen Einheit mit der Bezugsperson zurück.
- Depressive neigen zu symbiotischer Abhängigkeit und sind in hohem Maße zuwendungsbedürftig, daher fällt es ihnen sehr schwer, Trennungen und Verluste zu verarbeiten.
- Nach Kohut, Winnicott und Miller wachsen Depressive – sehr vereinfacht ausgedrückt – in Familien auf, in denen die Eltern mit der Erziehungsarbeit überfordert sind, so dass die Kinder unter dem Druck stehen, „problemlos funktionieren“ und die Erwartungen ihrer Eltern erfüllen zu müssen. Dies führt zu einer Überforderung durch (narzisstische) Größenfantasien in Verbindung mit einem Helfersyndrom den Eltern gegenüber, was zu einer Schädigung der Selbstachtung führt und schließlich in einen depressiven Zusammenbruch einmündet.
Sozialpsychologische Theorien
- Sozialpsychologische Untersuchungen haben ergeben, dass ungünstige Lebensumstände (z.B. Arbeitslosigkeit, körperliche Krankheiten, Frustration in Beziehungen, Verlusthalt gebender Beziehungen) Depressionen auslösen können.
- Besonders anfällig für die Entstehung von Depressionen sind Menschen mit mangelnder sozialer Unterstützung aufgrund wenig entwickelter sozialer Netzwerke.
- Depressionen können insbesondere dann entstehen, wenn ein Mensch das Gefühl hat, sich langfristig und intensiv für etwas engagiert und verausgabt zu haben, ohne gebührend dafür gewürdigt zu werden, wodurch ein Gefühl des Ausgenutztseins entsteht („Gratifikationskrise“ nach Siegrist).
- Depressionen entstehen häufig bei Menschen, in deren Elterngeneration sich Depressive befinden.
- Eine Studie von Brown et al (1995) ergab, dass das Risiko, depressiv zu werden, am höchsten ist nach einer Trennung von oder dem Tod einer Halt gebenden Bezugsperson, nach massiven Abwertungen durch andere oder in als ausweglos erlebten Situationen.
Medizinische Theorien
- Depressionen können durch die Einnahme oder das Absetzen von bestimmten Drogen oder Medikamenten entstehen.
- Hormonelle Veränderungen (z.B. während der Schwangerschaft, nach der Geburt oder in den Wechseljahren) können die Entstehung von Depressionen fördern.
- Depressionen gehen mit einer Störung der Regulation bestimmter Neurotransmitter im Gehirn (besonders Serotonin und Noradrenalin) einher – wobei nicht geklärt ist, ob es sich hierbei um die Ursache, eine Wirkung oder um die körperliche Ebene der psychischen Depression handelt.