Wer darf, wer kann Hypnose anwenden?

Die Frage, wer Hypnose bzw. Hypnotherapie anwenden darf bzw. kann, ist etwas kompliziert. Man muss unterscheiden zwischen der berufsrechtlichen Erlaubnis (wer darf Hypnose/Hypnotherapie anwenden?) und der fachlichen Kompetenz (wer kann Hypnose/Hypnotherapie anwenden?). Außerdem muss man unterscheiden zwischen dem Begriff „Hypnose“, dem Begriff „Hypnotherapie“ und der Bezeichnung „Hypnotherapeut“.

Unter dem Begriff „Hypnose“ versteht man (unter anderem) eine Methode, durch bestimmte Formen der zwischenmenschlichen Kommunikation („Suggestionen“) einen vertieften Entspannungs- und Versenkungszustand („Trance“) herbeizuführen, zu nutzen und wieder zu beenden. „Hypnose“ wird in vielerlei Kontexten und zu vielerlei (seriösen und unseriösen) Zwecken eingesetzt. Der Begriff Hypnose ist gesetzlich nicht geschützt, das heißt, jeder darf sich anmaßen, Hypnose zu praktizieren, bzw. praktizieren zu können. Das ist ein Problem, weil man als Klient bzw. Kunde oder Versuchsperson eines „Hypnotiseurs“, nicht erkennen kann, ob dieser für seine Tätigkeit qualifiziert oder überhaupt dafür ausgebildet ist. Tatsächlich werden „Hypnose“-Ausbildungen auch für völlig unbedarfte und unvorbereitete Menschen im Rahmen z.B. von einwöchigen Kursen angeboten.

Unter dem Begriff „Hypnotherapie“ versteht man die psychotherapeutische Anwendung von Hypnose. Die medizinische Anwendung von Hypnose nennt man „Medizinische Hypnose“, die Anwendung von Hypnose in der Zahnmedizin „Zahnärztliche Hypnose“.

Die Anwendung von Hypnose zur Behandlung von psychischen Störungen ist Personen vorbehalten, die die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde haben. Diese kann entweder durch eine Approbation als psychologischer Psychotherapeut oder Arzt oder durch eine Überprüfung im Sinne des Heilpraktikergesetzes erworben werden. Wer also approbierter psychologischer Psychotherapeut, Kinder-Jugendlichen-Psychotherapeut, Arzt oder Heilpraktiker ist, darf – berufsrechtlich gesehen – Hypnose zum Zwecke der Heilbehandlung für psychische Störungen anwenden, das heißt aber noch nicht, dass er fachlich dazu auch qualifiziert ist (eine der vielen Absurditäten unseres Gesundheitssystems).

Bei der Frage, ob Hypnose als Heilverfahren angewandt wurde, geht es im Streitfall (z.B. bei einem Schadenersatzverfahren) nicht lediglich darum, wie der Anbieter seine Tätigkeit offiziell bezeichnet, sondern darum, wie und zu welchem Zweck Hypnose tatsächlich angewandt wird. Es genügt also nicht, beispielsweise auf einen Flyer oder eine Website Begriffe wie „hypnotische Lebensberatung“, „Hypnose-Coaching“, „meditative Tiefenentspannung“ oder ähnliches zu schreiben oder einem Patienten/Klienten gegenüber die eigene Tätigkeit so zu nennen um dann aber de facto beispielsweise Ängste, Essstörungen, Depressionen oder sexuelle Störungen hypnotisch zu behandeln, denn dabei handelt es sich um „Krankheiten“, und deren Behandlung wäre de facto eine Heilbehandlung. Berufsrechtlich wäre dies wie gesagt nur zulässig, wenn man die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde bezüglich psychischer Störungen hätte.

Die Tätigkeitsbeschreibung „Hypnotherapiesetzt, ähnlich wie die Tätigkeitsbezeichnung „Psychotherapie“, die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde voraus. Meines Erachtens müssten Heilpraktiker ihre entsprechende Tätigkeit „Hypnotherapie im Sinne des Heilpraktikergesetzes“, „heilkundliche Hypnose“ oder „Heilhypnose“ nennen – das ist aber meines Wissens zur Zeit nicht eindeutig geklärt.

Es gibt eine Position innerhalb der Hypnotherapeuten-Verbände, die sagt, dass die Tätigkeitsbezeichnung „Hypnotherapeut analog zu dem Begriff „Psychotherapeut“ vom Psychotherapeutengesetzes abgedeckt ist und daher nur approbierten psychologischen und ärztlichen Psychotherapeuten und Kinder-Jugendlichen-Psychotherapeuten vorbehalten ist. Wenn das so wäre, dann dürften sich nur approbierte psychologische oder ärztliche Psychotherapeuten mit entsprechender hypnotherapeutischer Zusatzqualifikation, nicht aber Heilpraktiker „Hypnotherapeut“ nennen. Das ist aber meines Wissens zur Zeit ebenfalls nicht eindeutig geklärt.

Zahnärzte dürfen „zahnärztliche Hypnose“ nur im Rahmen ihrer zahnärztlichen Tätigkeit ausüben, z.B. zur Reduktion von Zahnbehandlungsangst, zur Behandlung von Zähneknirschen u.ä. Wenn Zahnärzte Hypnose zur Behandlung von psychischen Störungen wie z.B. Süchten (Rauchen, Ess-Sucht o.ä.) oder zu anderen Heilbehandlungs-Zwecken (z.B. zur Behandlung von Phobien außerhalb des zahnärztlichen Bereichs, von sozialen Ängsten, nicht-zahnärztlichen Traumata o.ä.) anwenden, müssen sie zusätzlich zu ihrer Approbation als Zahnarzt den („kleinen“ oder „großen“) „Heilpraktikerschein“ oder eine Approbation als Psychotherapeut erwerben.

Etwas anderes ist es, wenn jemand Hypnose beispielsweise zur Prävention, zur Burnout-Prophylaxe, zur Geburtsvorbereitung, im Rahmen eines beruflichen Coaching, zur Entspannung, Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung oder als Selbsthypnose-Training zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens anwendet. Das ist berufsrechtlich gesehen jedem möglich, setzt aber von der fachlichen Kompetenz her meiner Meinung nach ebenfalls eine gründliche Ausbildung voraus (die leider nicht immer gegeben ist).

Für die fachliche Kompetenz zur Ausübung von Hypnose und Hypnotherapie ist eine gründliche Ausbildung erforderlich (der korrekte Begriff hier wäre eigentlich Fort- bzw. Weiterbildung). Damit man fachlich in der Lage ist, Hypnose bzw. Hypnotherapie seriös anzuwenden, zu welchen Zwecken auch immer, muss man meines Erachtens über gründliche Kenntnisse über Persönlichkeitspsychologie, Entwicklungspsychologie, Gestaltung der Klient-Therapeut-Beziehung, Psychodiagnostik, psychotherapeutische Verfahren usw. verfügen, was beispielsweise durch ein klinisches Psychologie-Master-Studium mit anschließender Approbationsausbildung in einem psychotherapeutischen Verfahren realisiert werden kann. Darauf aufbauend ist eine gründliche Fort- bzw. Weiterbildung in Hypnose und Hypnotherapie bei einem seriösen Anbieter erforderlich.

Sicherheitshalber muss ich erwähnen, dass dieser Beitrag keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes ist, sondern eine kollegiale Weitergabe meines momentanen Informationsstandes v.a. für Teilnehmer und Interessenten an einer Fortbildung in Hypnose und Hypnotherapie in meiner Eigenschaft als Leiter einer Fort- und Weiterbildungseinrichtung.

Werner Eberwein