Welche Auswirkungen haben psychische Traumata?
Wenn Traumata nicht verarbeitet werden können, müssen sie notdürftig durch Abwehrprozesse bewältigt werden. Diese führen zu einer Verzerrung der psychischen Struktur, die je nach Schwere und Dauer der Traumatisierung als posttraumatischer Belastungszustand oder als posttraumatische Strukturstörung in Erscheinung tritt.
Freezing und Hyperarrousal
Wenn sich ein Mensch existenziell bedroht fühlt, ist seine unmittelbare Reaktion, entweder zu kämpfen (Wut) oder zu fliehen (Angst). Wenn aber beides nicht geht, entweder weil die Bedrohung übermächtig ist, oder weil die Situation durch Kampf oder Flucht nicht bewältigt werden kann, so verfällt die Person in einen Erstarrungszustand (Freezing), der mit innerer Übererregung (Hyperarrousal) gepaart ist.
Wenn eine solche Schockstarre nicht verarbeitet werden kann, so entsteht ein anhaltender posttraumatischer Zustand. Im posttraumatischen Syndrom ist im Energiesystem des Menschen quasi Gaspedal und Bremse gleichzeitig betätigt. Der Körper ist kontrahiert, überangespannt und auf lähmende Weise bewegungsunfähig. Alternierend dazu oder gleichzeitig befindet sich der Traumatisierte in einem Zustand agitierter Überwachheit und Alarmiertheit. Es kann zu Panikattacken und überfallartigen Reaktivierungen des Traumazustandes (Intrusionen, Flashbacks) oder zu Zuständen von geistiger Leere und kognitiver Desorientiertheit (Numbness) kommen.
Traumata bewirken eine Instabilität der Selbststruktur, die chronische oder zyklisch auftretende Fragmentierungsneigungen und -ängste zur Folge hat. Der Traumatisierte erlebt einen ständigen Wechsel von traumatischem Wiedererleben mit emotionaler Überflutung (Intrusion) und Zuständen von Abwesenheit und Emotionsabschaltung (Dissoziation).
Posttraumatische Fragmentierungsangst
Posttraumatische Zustände gehen mit Fragmentierungsängsten einher. Der Traumatisierte fühlt sich wegen seiner Intrusionen und anhaltenden Alarmreaktionen weiterhin bedroht, wobei die Quelle der Bedrohung in der aktuellen Außenwelt nicht mehr (bzw. nur noch projektiv) zu finden ist. Es entsteht eine chronische, gegenstandslose Angst, Überwachheit und Überempfindlichkeit sowie Überaktivität und übertriebene Schreckreaktionen. Der Klient kann unter Albträumen, nächtlichen Schweißausbrüchen, Schlafstörungen und starken Stimmungsschwankungen leiden, die von Trauma-assoziierten Reizen ausgelöst (getriggert) werden. Er vermeidet bestimmte Situationen und Konstellationen, die mit dem Trauma assoziiert sind. Er neigt dazu, im unbewussten Versuch, eine Auflösung seiner inneren Spannungen zu bewirken, die traumatische Konstellation zwanghaft wiederherzustellen (Re-Inszenierung). Der Traumatisierte fühlt sich entfremdet und isoliert, hat Angst verrückt zu sein oder zu werden, fühlt sich unfähig, erwachsen zu lieben und klammert sich auf abhängige Weise an.
Intrusionen
Intrusionen sind wiederkehrende, unkontrollierbare Einbrüche in Zustände des Wiedererlebens der traumatischen Situation oder der damit assoziierten Gefühle und Zustände. In einer Intrusion wird das traumatische Vergangenene so erlebt, als ob es hier und jetzt sei. Intrusionen können unerwartet und ohne erkennbare äußere Auslöser auftreten (z.B. beim Autofahren, in der Badewanne) oder aufgrund von spezifischen Auslösereizen, die an die traumatische Dynamik gekoppelt sind (Trigger). Ein zentrales Ziel der Psychotherapie nach Traumata ist es, „aus Intrusionen Erinnerungen zu machen“.
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