Was ist NLP?

NLP (Neurolinguistisches Programmieren) ist ein pragmatisches Set von kognitiven Techniken zur Veränderung von Einstellungen, die dem Erleben und Verhalten zugrunde liegen.

NLP besteht aus einer Vielzahl von vernetzten, teilweise präzise definierten Begriffen und Handlungsanweisungen („Formaten“). Es wurde Anfang der 1970 Jahre an der University of California in Santa Cruz (USA) von dem damaligen Mathematikstudenten Richard Bandler (* 1950) und dem Linguisten John Grinder (* 1939) entwickelt und später vor allem von Robert Dilts (* 1955) und von Steve und Connirae Andreas weiterentwickelt.

NLP war ursprünglich als neues, integratives Verfahren der Kurzzeit-Psychotherapie konzipiert. Grundlage war die psycholinguistische Erforschung besonders wirksamer psychotherapeutischer Interventionstechniken v.a. von Virginia Satir (der Begründerin der Familientherapie), von Fritz Perls (dem Begründer der Gestalttherapie) und von Milton Erickson (dem Begründer der moderenen Hypnotherapie), mit dem Ziel, aus ihnen klar beschreibbaren und an Dritte vermittelbare Techniken herauszuarbeiten („Modeling„).

Ähnlich wie die kognitive Verhaltenstherapie geht man im NLP davon aus, dass das Erleben und Verhalten des Menschen anhand von Reiz-Reaktion-Ketten funktioniert (was auch Gedanken und Gefühle einbezieht), die gezielt verändert werden könnten.

Nach ihrem Selbstverständnis geht es den NLPlern darum, wie Menschen

  • sich selbst und ihre soziale Umwelt wahrnehmen,
  • diese Informationen auf ihre subjektive Weise verarbeiten,
  • auf dieser Grundlage handeln,
  • miteinander kommunizieren,
  • lernen und sich verändern.

Grundgedanke des NLP ist es, dass Menschen nicht unmittelbar auf Wirklichkeit reagieren, sondern auf subjektive Abbilder der Wirklichkeit („innere Landkarten“), die gezielt verändert werden könnten. Der Mensch könne Wirklichkeit nicht erkennen, vielmehr „schaffe“ er sogar durch sein subjektives Erleben seine Wirklichkeit (= Sichtweise des Radikalen Konstruktivismus).

NLP versteht sich als „formales Metamodell subjektiver Modellbildungsprozesse“ (also als ein inhaltsunabhängiges Modell darüber, wie Menschen sich „Landkarten“ der Wirklichkeit machen, danach handeln und diese verändern können), das dazu dient, zielführende Modelle speziell von Kommunikationsprozessen zu entwickeln („pragmatische Erkenntnistheorie„).

„Ziel dabei ist, mehr Kontrolle über das eigene subjektive Erleben und das subjektive Erleben anderer zu bekommen, um es in Richtung auf eigene Ziele und Werte hin ausrichten und organisieren zu können.“ (NLPedia)

NLP soll schnelles Lernen bzw. Umlernen und Verändern durch Verfügbarmachen von latenten inneren Ressourcen ermöglichen.

Im NLP wird oft beiläufig in Zuständen leichter Trance und mit Mitteln der Autosuggestion, einem Wechsels zwischen Dissoziation und Assoziation, sowie mit kognitiven Umdeutungen (Reframing) gearbeitet.

NLP geht von bestimmten Vorannahmen („Axiomen„) aus, zum Beispiel:

  • Die Landkarte ist nicht das Gebiet. (Die Wirklichkeit kann nicht objektiv wahrgenommen werden. Die Art, wie ein Mensch die Wirklichkeit in seinem Geist repräsentiert, ist immer subjektiv und nicht identisch mit der Wirklichkeit.)
  • Menschen treffen Entscheidungen innerhalb ihres Weltmodells (ihrer Landkarte). Auf dieser Basis treffen sie jeweils die beste ihnen zur Zeit mögliche Wahl.
  • Jedes Verhalten ist durch eine positive Absicht motiviert.
  • Menschen haben alle Ressourcen in sich, um gewünschte Veränderungen zu erreichen.
  • Es gibt keine Fehler, nur Feedback. („Negative“ Reaktionen anderer Personen werden nicht als Fehlschlag, sondern als Rückmeldungen betrachtet und konstruktiv genutzt.)
  • Wenn etwas nicht funktioniert, tue etwas anderes. ( = pragmatische Grundhaltung).
  • Widerstand beim Klienten ist das Ergebnis mangelnder Flexibilität des Beraters. (Wenn ein Klient nicht weiterkommt, so kommt das daher, dass der Berater nicht in der Lage ist, eine Transformationstechnik anzubieten, die für diesen Klienten funktioniert.)
  • Wenn jemand etwas gut kann, dann ist es möglich, dieses Verhalten zu modellieren. (Es ist möglich, durch genauer Analyse von Kommunikations- und Verhaltensstrukturen diese so präzise zu bestimmen, dass sie lehrbar werden, von anderen also gleich wirksam nachgeahmt werden können.)

Hier ein kurzer Überblick über einige grundlegende NLP-Konzepte:

  • Im NLP geht man davon aus, dass jeder Mensch in seiner Wahrnehmung und seinem Denken bestimmte Sinnesmodalitäten bevorzugt (visuell: sehen, auditiv: höheren, kinästhetisch: spüren/fühlen, olfaktorisch: riechen oder gustatorisch: schmecken), was zur Transformation des Erlebens auf vielfältige Weise genutzt werden könne.
  • Durch linguistische Analyse der Sprachstrukturen von Perls und Satir mithilfe der Generativen Transformationsgrammatik von Noam Chomsky entwickelten Bandler und Grinder das so genannte Meta-Modell der Sprache, mit dessen Hilfe u.a. unklare und verschwommene Kommunikations- und Denkweisen erfasst und durch funktionalere Sprachformen ersetzt werden können.
  • Durch Analyse der hypnotischen Sprachmuster von Milton Erickson entwickelten sie ein Modell der hypnotischen Sprache, das sogenannte Milton-Modell, mit dessen Hilfe ausgefeilte hypnotische Induktionen formuliert werden können.
  • Zum Aufbau einer lösungsorientierten Kooperationsbeziehung mit dem Klienten müsse der Berater mit diesem einen „Draht“ („Rapport„) herstellen und aufrechterhalten. Zu diesem Zweck solle der Therapeut zunächst das Verhalten und die Denkweise des Klienten spiegeln („Pacing„). Aus dem Pacing heraus könne er dann beginnen, in der Kommunikation die Führung zu übernehmen („Leading„).
  • Ein wichtiges Konzept des NLP ist das Ankern. Darunter versteht man die Verknüpfung eines Auslösereiz es mit einem Zustand. Beispielsweise könnte ein Klient durch hypnosuggestive Imagination in einen ressourcenvollen Zustand geführt werden, der dann etwa an einen Wort oder eine Berührung durch den Berater verknüpft wird, so das dieser Zustand später durch den Anker-Reiz reflexartig ausgelöst werden könne.
  • Durch einen sogenannten Öko-Check wird eine beabsichtigte Musterveränderungen im Vorfeld auf ihre systemische Verträglichkeit geprüft. Beispielsweise wird überprüft, ob es „Anteile“ im Klienten gibt, die dieser Veränderung „widersprechen“.
  • Unter einem Future-Pace wird im NLP ein geistiges Vorwegnehmen einer ressourcenvollen Zukunft verstanden, in der Regel mit der Absicht, die erwünschte Zukunftsperspektive im Klienten geistig zu „bahnen“.

NLP wird heute u.a. angewand

  • in der Psychotherapie,
  • in der Wirtschaft (Management, Führung, Personalwesen, Verkauf, Beratung, Training, Personalentwicklung),
  • im Coaching,
  • in der Pädagogik,
  • im Gesundheitswesen und der Gesundheitsförderung,
  • in der Persönlichkeitsentwicklung,
  • beim Sport,
  • in der Politik,
  • der Erziehung,
  • im Rechtswesen,
  • in der Kreativitätsförderung.

Kritik

Kritisiert wird am NLP u.a. dass

  • es weit gestreut an Menschen vermittelt wird, die nicht über eine zureichende psychotherapeutische Basis-Ausbildung verfügen, und denen daher z.B. fundierte Kenntnisse der psychologischen Diagnostik fehlen („psychologischer Werkzeugkasten für Laien“),
  • manche seiner Anwender und Ausbilder mit reißerischer Werbung und aggressiven Marketing-Methoden arbeiten,
  • NLP bei Beratern und Klienten Allmachtsphantasien befördert („Alles ist möglich“),
  • manche NLPler die beschriebenen Konzepte mit esoterischen Heilslehren oder Ideologie-Elementen vermischen,
  • wichtige Forschungen und Entwicklungen der psychologischen Grundlagenforschung unberücksichtigt bleiben,
  • ein Eindruck fundierter Wissenschaftlichkeit erweckt wird, obwohl belastbare wissenschaftliche Belege für seine Wirksamkeit fehlen, wobei dennoch von seinen Anhängern behauptet wird, NLP sei „hoch wirksam“,
  • manche seiner Konzepte (zum Beispiel die Theorie der Augenzugangshinweise) inzwischen wissenschaftlich widerlegt sind, aber dennoch weiterhin in NLP-Ausbildungen gelehrt werden,
  • Studien, die die Wirksamkeit von NLP angeblich belegen, die Minimalanforderungen an wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise nur selten erfüllen,
  • es sich bei NLP um ein pragmatisches Sammelsurium von Psychotechniken ohne zusammenhaltende Theorie, ohne ein Verständnis z.B. für Psychopathologie, Entwicklungspsychologie, Persönlichkeitstheorien oder Psychodynamik handele („Patchwork-Theorie“ aus Versatzstücken etablierter Theorien und Verfahren),
  • manche NLPler in Ermangelung psychotherapeutischer Ausbildung und Selbsterfahrung dazu neigen, im Schnellverfahren psychische Muster verändern zu wollen, ohne sich um ein gründliches Verständnis derselben im Gesamtsystem der Person bemüht zu haben.

Werner Eberwein