Was ist HypnoBirthing?

HypnoBirthing ist vor allem eine Philosophie, also eine Grundeinstellung, die im Kern besagt, dass eine Geburt ein natürlicher Vorgang ist, und dass der Körper der werdenden Mutter und des Kindes instinktiv wissen, wie die Geburt auf sanfte und natürliche Weise geschieht. Im Kontrast zu dem Bild, das die meisten Menschen von Geburt haben, und das von traditionellen Medizinern und Medien aufrechterhalten wird, muss nach der Philosophie des HypnoBirthing eine Geburt weder stressig noch anstrengend noch schmerzhaft sein, wenn die Gebärende und ihr Geburtsgefährte (in der Regel der Vater des Kindes, es kann aber auch z.B. eine Freundin oder Verwandte sein) auf den natürlichen Ablauf der Geburt vertraut.

Eine Geburt muss nicht schmerzhaft sein!

Zu diesem Zweck werden im HypnoBirthing einfache und leicht erlernbare Selbsthypnosetechniken vermittelt, die während der Schwangerschaft täglich geübt werden, und die es der werdenden Mutter erlauben, den Geburtsvorgang in einem entspannten und allmählich immer tiefer werdenden Entspannungs- und Versenkungszustand (d.h. in Trance) zu erleben.

Das Konzept der natürlichen Geburt ist nicht neu, sondern vielmehr uralt – seit Jahrtausenden haben Frauen auf natürliche Weise Kinder zur Welt gebracht. Die werdende Mutter überlässt sich dabei dem natürlichen Prozess und überlässt dem Kind, wann es geboren werden will.

Die Erfahrungen mit natürlichen Geburten in selbsthypnotischer Trance sind ausgezeichnet. Es gibt dabei wesentlich weniger Komplikationen, weniger Sauerstoffmangel für das Baby, kaum Damm- oder Kaiserschnitte, und der Einsatz schmerzstillende Medikamente ist nur in seltenen Fällen erforderlich.

Die Methode des HypnoBirthing wurde von der amerikanischen Hypnotherapeutin Marie Mongan entwickelt und in ihrem 2014 im Mankau-Verlag erschienenen Buch „HypnoBirthing. Der natürliche Weg zu einer sicheren, sanften und leichten Geburt“ beschrieben.

Mongan bezieht sich darin auf die Theorien und Erfahrungen des englischen Frauenarztes Dr. Grantly Dick-Read, der ab 1913 im Londoner Elendsviertel White Chapel als Geburtshelfer tätig war. Er beschrieb, wie Angst bei den Bebärenden zu einer Zusammenziehung der ringförmigen Muskeln um den Ausgang der Gebärmutter und um den Geburtskanal führt, was den Geburtsvorgang erschwert, verlängert, unnötige Schmerzen erzeugt und die Sauerstoffversorgung des Kindes beeinträchtigen kann.

„Wird keine Angst empfunden, entspannen sich die Muskeln und geben nach. Der … Muttermund öffnet sich, und der Körper pulsiert rhythmisch, um das Baby mit Leichtigkeit hinauszuschieben“ (Mongan 2014, S. 29).

Was Schmerzen beim Geburtsvorgang verursacht, sei nach Dick-Read das „Angst-Verkrampfungs-Schmerz-Syndrom“:

„Seine Grundannahme war, dass Angst die Verkrampfung im Körper und insbesondere in der Gebärmutter verursacht, und dass diese Verkrampfung den natürlichen Vorgang behindert, die Geburt verlangsamt und Schmerzen verursacht.“

Wenn die Muskeln, die während der Geburtswellen (klassisch: „Wehen“) das Kind aus der Gebärmutter hinausschieben, GEGEN die Muskeln arbeiten, die ringförmig den Ausgang der Gebärmutter umgeben, dann wird der Kopf des Kindes gegen diese unteren Muskeln gedrückt, die sich aber aus Angst anspannen und sich weigern nachzugeben. Das verlängert den Geburtsvorgang und kann ihn sogar zum Stillstand bringen, was mit einer mangelnden Sauerstoffversorgung des Kindes einhergehen kann.

„Eile oder die Veranlassung, dass ‚die Dinge weitergehen‘, sind im Geburtsverlauf nicht nötig, sondern ein größeres Bewusstsein hinsichtlich der Bedeutung von Ruhe, Entspannung, sanfter Ermutigung und Sicherheit. … Versuche, die Geburt eines Kindes zu beschleunigen, rufen nur noch mehr Schmerzen für die Mutter und das Kind hervor“ (ebd. S. 80).

Diese Theorie wurde von Dick-Read 1933 in seinem Buch „Natural Childbirth“ (deutsch: „Mutterwerden ohne Schmerz“) beschrieben.

In der Vorbereitung auf die Geburt ist es wichtig, dass sich die werdende Mutter und der Geburtsgefährte kritisch damit auseinandersetzen, was ihnen in Bezug auf die Geburt Sorgen macht, z.B. Erzählungen von ihrer eigenen Geburt, Geburtserzählungen anderer Personen, vorangegangene Geburten, traumatische Erfahrungen in ihrer Kindheit, mangelnde Unterstützung in der Partnerschaft und der Familie, Bedenken bezüglich der eigenen Karriere oder der medizinischen Versorgung, mangelnde Wohnverhältnisse, Probleme bezüglich der finanziellen Situation, Schwierigkeiten in vergangenen Beziehungen, persönliche Missbrauchserfahrungen u.ä.

Wie funktioniert HypnoBirthing?

Wie überhaupt in der modernen Hypnotherapie werden im HypnoBirthing negativ konnotierte, problemaktivierende Begriffe wie zum Beispiel Wehen, Schmerz, Pressen usw. so weit wie irgend möglich vermieden. Stattdessen spricht man bspw. von „der Geburtswelle“, von „das Baby nach unten atmen“ usw. Solche positiv konnotierten Begriffe führen auf subtile Weise zu einer Veränderung der Erwartungshaltung der werdenden Eltern.

Die werdenden Eltern werden auf jede erdenkliche Weise ermutigt, selbst zu entscheiden, z.B. wo die Geburt stattfinden soll (in einer auf natürliche Geburten eingerichteten Klinik, in einem Geburtshaus, zu Hause), wer die medizinische Betreuung übernehmen soll und welche Wünsche sie in Bezug auf den Verlauf der Geburt haben. Letztere schreiben sie explizit auf, um sich selbst darüber klar zu werden und um ggf. Ärzten, Hebammen usw. vor und während der Geburt Orientierung zu geben.

Kernstück des HypnoBirthing-Programms sind einfache Atem- und Visualisierungstechniken, die es der Gebärenden ermöglichen, sich vor und während der Geburt auf entspannte Weise zu versenken, und sich vertrauensvoll dem Fluss des Geburtsvorgangs zu überlassen.

Während der Geburt selbst ist es entscheidend wichtig, dass die Mutter (im Gegensatz zu gängigen Anleitungen) NICHT presst, weil das den natürlichen Geburtsvorgang nicht beschleunigt, sondern verlangsamen oder gar blockieren kann. Krampfhaftes Pressen ruft Stress und Anspannung hervor, was den Geburtskanal verschließt, anstatt ihn zu öffnen. Forciertes Pressen ist nicht notwendig, denn selbst Frauen in tiefer Bewusstlosigkeit oder im Koma haben auf natürliche Weise Kinder zur Welt gebracht, ohne zu pressen. Die Abwärtsbewegung des Kindes geht allmählich und natürlich vonstatten, ohne dass Pressen erforderlich wäre.

Während des gesamten Vorgangs unterstützt der Geburtsgefährte die werdende Mutter durch emotionalen und körperlichen Kontakt, Anwendung von Ankertechniken, sanfte Massageberührungen und beruhigende (hypnotische) Anleitungen, die ihm während der Vorbereitungszeit vermittelt wurden.

HypnoBirthing-Übungen

  • Geburtsimagination: In der Vorbereitung der Geburt werden die werdenden Eltern in einer hypnotischen Imaginationsreise angeleitet, den natürlichen Geburtsvorgang
    – aus der Position der Gebärenden,
    – des Geburtsgefährten und
    – des Kindes
    zu erleben.
  • Ruheatmung: Die werdende Mutter wird angeleitet, tief in den Bauch ein zu atmen und während des Einatmens im Geist zu zählen „EIN-2-3-4…“. Beim Ausatmen durch die Nase wird sie angeleitet, die Energie des Atems in ihrem Körper nach innen und unten zu leiten, dabei loszulassen, tief zu entspannen und im Geist zu zählen „AUS-2-3-4-5-6-7-8 …“. Diese einfache Technik wird während der Schwangerschaft täglich geübt und kann der Mutter helfen, sich leicht und schnell in einen entspannten Zustand zu versetzen.
  • Verschwindende Buchstaben: Die werdende Mutter atmet tief und kurz ein, hält den Atem einen Moment und spricht dann im Geist während des aus Atmens: „AAA-BBB-CCC-DDD-…“ usw. Sie visualisiert dabei, wie diese Buchstaben in den Vordergrund treten, vorbeitreiben und wieder verschwinden. Auf diese Weise lernt sie, sich schnell in einen Entspannungs- und Versenkungszustand (Selbsthypnose) zu begeben.
  • Regenbogenentspannung: Die werdende Mutter stellt sich vor, auf einem Bett aus weichem, warmen Nebel zu liegen, der ihren Körper umgibt und durch ihren Körper fließt, so dass sie wie schwerelos mit dem Nebel verschmilzt. Dann stellt sie sich vor, dass der Nebel nacheinander alle Farben des Regenbogens annimmt, wobei der Körper allmählich entspannt und taub wird. Sie imaginierten den Entspannungsnebel nacheinander in den 7 Farben des Regenbogens: Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Indigo und Violett und schließlich in Weiß als Vereinigung all dieser Farben und als Symbol für Klarheit.
  • Wellenatmung: Diese Form der Atmung wird während der Geburtswellen („Wehen“) angewandt. Zur Vorbereitung wird die werdende Mutter von ihrem Geburtsgefährten in eine vertiefte Entspannung geleitet. Der Geburtsgefährte lädt sie dabei ein, sich die Wellen eines großen Ozeans vorzustellen, und „ein Teil des Rhythmus der Wellen innerhalb ihres Körpers zu werden“. Die Mutter atmet langsam durch die Nase ein, während sie dabei im Geist schnell von eins bis mindestens 20, oder auch weiter zählt, und dabei ihren Bauch mit dem Atem „aufbläst“. Sie atmet also ruhig und langsam in den Unterleib ein und zählt dabei schnell im Geist, wobei sie versucht, das Einatmen so lange wie möglich auszudehnen, als ob sie ihren Unterleib wie einen Ballon größtmögliche füllen würde. Genauso langsam und lange und wieder mit schnellem Zählen bis 20 oder weiter atmet sie nach unten und aus der Öffnung des Geburtskanals hinaus wieder aus. Sie wird angeleitet, während dessen keinesfalls die Luft anzuhalten oder sich steif zu machen, sondern mit dem imaginierten Meeres-(d.h. den Geburts-)Wellen zu atmen, und sich dabei tief zu entspannen.
  • Sich öffnende Rose: Im Zustand der Entspannung stellt sich die Gebärende vor, wie sich ihr Kind sanft nach unten in Richtung des Geburtsausgangs bewegt, während der Damm sich öffnet „wie die Blütenblätter einer Rose“. Diese Imagination verkürzt die Öffnungsphase während der Geburt. Sie soll erst in den letzten Tagen der Schwangerschaft geübt werden.
  • Blaue Satinbänder: Die Mutter stellt sich vor, dass die Ringmuskeln, die die Gebärmutter unten umgeben, „weiche, blaue Satinbänder“ seien, die den nach unten gerichteten Muskelbewegungen während des Geburtsvorganges sanft und leicht nachgeben und sich dabei nach oben und zurückdrehen.
  • Handschuhanästhesie: Die Gebärende wird angeleitet, sich im Entspannungszustand vorzustellen, wie eine ihrer Hände von einem weichen, silberfarbenen Handschuh überzogen ist und sich taub, kalt und kribbelig anfühlt. Die Empfindung von Taubheit kann sie dann durch ihren Körper in alle Körperteile schicken, die das benötigen.
  • Schalter: Im Entspannungszustand imaginiert die Mutter einen Kontrollschalter, mit dem sie im ganzen Körper oder in bestimmten Körperregionen einen Zustand der Entspannung und Taubheit erzeugen kann.
  • Zeitverzerrung: Die Mutter wird gelehrt, selbsthypnotisch einen Zustand zu erreichen, in der ihr das Verstreichen der Zeit kürzer erscheint, wobei sie im Nachhinein Teile des Erlebten vergisst. Dies unterstützt die natürliche nachgeburtliche Amnesie.
  • Geburtsatmung: Die Geburtsatmung wird von der Mutter am besten auf der Toilette geübt, während Sie Ihren Darm entleert. Sie legt die Zungenspitze sanft vorne in die Mitte des Gaumens, was dem Unterkiefer hilft, sich zu entspannen, was wiederum dem Unterleib hilft, sich zu entspannen. Sie atmet nach innen und unten-vorne-außen aus und spürt, wie die Muskeln des Beckenbodens sich von selbst und ohne zu pressen öffnen. Die Geburtsatmung öffnet sanft den Geburtsweg für eine sanfte Abwärtsbewegung. Sie fördert die natürliche Dehnung des Damms für ein sanftes Herauskommen des Kindes und die Wahrscheinlichkeit eines intakten Damms ohne Dammschnitt.

Affirmationen

In der Geburtsvorbereitung hat es sich bewährt, täglich autosuggestive Sätze zu hören oder zu lesen, die die werdende Mutter auf einen natürlichen Geburtsvorgang einstimmen, wie z.B.:

  • Ich bin entspannt und glücklich.
  • Die Geburt wird sanft und leicht.
  • Ich vertraue meinen Körper.
  • Ich fühle mich sicher und geschützt.
  • Ich spüre natürliche Ruhe.
  • Ich entspanne mich und überlasse die Geburt der Natur.
  • Während der Geburt gehe ich tiefer dorthin, wo sich mein Kind befindet.
  • Das Gewebe in meinem Geburtsweg ist rosa und gesund.
  • Mein Kind bewegt sich sanft auf seiner Reise.
  • Jede Welle meines Körpers bringt mein Kind näher zu mir.
  • Je weiter der Geburtsvorgang voranschreitet, umso tiefer wird meine Entspannung.
  • Ich begrüße mein Kind mit Freude und Glück.

Bei youtube finden Sie eine Reihe von HypnoBirthing-Anleitungsfilmen.

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Werner Eberwein