Was ist Gestalt-Therapie?

Die Gestalttherapie ist ein Verfahren der humanistischen Psychotherapie. Als Begründer gelten vor allem Fritz und Laura Perls. Sie entwickelten die Gestalttherapie durch (zum Teil schroffe) Abgrenzung aus der Psychoanalyse heraus unter Einbeziehung von theoretischen Einflüssen aus der Gestaltpsychologie, der Feldtheorie Lewins, von körperorientierten Theorien und Techniken von Wilhelm Reich sowie von Methoden des Psychodrama. Die Gestalttherapie wurde beeinflusst durch die existenzialistische Philosophie, den politischen Anarchismus und Goldsteins Thorie der Selbstregulation.

Ich und du im Hier-und-Jetzt

Der Slogan „Ich und du im Hier und Jetzt“ gilt als Wahrzeichen der ursprünglichen Gestalttherapie. Zentrum des gestalttherapeutischen Verfahrens ist das unmittelbar erlebte Gewahrsein des Klienten seiner selbst, seiner Wahrnehmungen und Handlungen im Kontakt zum Therapeuten, ggf. zu anderen Gruppenteilnehmern und zu seiner sozialen Umwelt.

Ziel

Ziel der Gestalttherapie ist die (Wieder-)Herstellung selbstregulatorischer Kontaktprozesse und die Integration vermiedener Anteile in die Persönlichkeit. Gestalttherapie dient der Erweiterung der Bewusstheit des Klienten, der Stabilisierung der Identität des Klienten und der Förderung seiner Selbstakzeptanz und Selbstverantwortung. Ein zentrales Anliegen der Gestalttherapie ist es, den Klienten zu befähigen, zu unterscheiden zwischen dem, was er wirklich erlebt, tut und wahrnimmt, und dem, was sich lediglich in seiner Phantasie abspielt.

Gestalt

Fritz und Lore Perls sahen in dem Begriff Gestalt den zentralen Grundgedanken ihrer Therapierichtung. „Gestalt“ meint ein sinnvolles Ganzes (eng verbunden damit sind die Begriffe „Sinn“ und „Struktur“). Das Bilden von Gestalten entsteht auf einem „Hintergrund“, von dem sich die „Figur“ im „Vordergrund“ abhebt.

Die Gestalttherapie geht davon aus, dass das jeweils wichtigste Bedürfnis in den Vordergrund des Bewusstseins rückt („Figur-Grund-Geschehen“, „Gestaltbildungsprozess“). Mit dem entstehenden Bedürfnis taucht eine „offene Gestalt“ aus dem Hintergrund auf und wird im Vordergrund zur Figur. Die „abgeschlossene Gestalt“ kann dann wieder in den Hintergrund eintauchen und einer neuen Gestalt Platz machen.

Unabgeschlossene Gestalt“ bedeutet, dass der Anpassungsprozess der Psyche an die Umwelt und umgekehrt nicht vollständig geschehen konnte. Daher konnte sich eine vollständige (geschlossene) Gestalt d.h. eine abgeschlossene Anpassungsleistung nicht ausbilden.

Das dialogische Prinzip

Die therapeutische Beziehung in der Gestalttherapie orientiert sich an den Grundsätzen der existentiellen Beziehungsphilosophie Martin Bubers. Buber unterscheidet zwischen dem Handeln aus einer

  • „Ich-Es-Haltung“ – sachlich, auf ein Objekt bezogen – auch wenn das Gegenüber ein Mensch ist) und dem Handeln aus einer
  • „Ich-Du-Haltung“ – Hinwendung zum anderen Menschen auf gleicher Ebene, bei der die Person in ihrer Einzigartigkeit gesehen und wertgeschätzt wird.

Eine  therapeutische Haltung, in der die Therapiesituation als Begegnung im Sinne Bubers verstanden wird, und die ein hohes Maß an Authentizität und Wahrhaftigkeit erfordert, ist grundlegend für die Gestalttherapie.

Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, können Sie „Was ist eigentlich Gestalt-Therapie“ von Frank Staemmler, mein Buch „Humanistische Psychotherapie“ oder die Bücher von Fritz und Laura Perls, Hefferline und Goodman zum Thema lesen.

Werner Eberwein