Was ist EFT/Klopfakupressur?

Als EFT (Emotional Freedom Technik) oder Klopfakupressur wird eine Selbsthilfetechnik bezeichnet, die sich auf die traditionelle chinesische Medizin beruft.

EFT wurde von dem amerikanischen Ingenieur Gary Craig (* 1940) begründet, die nahezu identische Methode der Klopfakupressur von dem amerikanischen Psychologen Fred Gallo (* 1946).

Beide Methoden beziehen sich auf die sogenannte „Energetische Psychologie„, in der man davon ausgeht, dass alle psychischen und psychosomatischen Störungen durch „negative“ Emotionen hervorgerufen würden, die wiederum durch Blockaden in einem körperlichen Energiesystem (dem sogenannten „Meridiansystem“) entstünden, wie es von der alten chinesischen Akupunkturlehre beschrieben werde.

Die Anwendung ist extrem einfach und dauert nur wenige Minuten:

  1. der Patient wird aufgefordert, sich auf sein Problem und seine damit verbundenen Gefühle zu konzentrieren,
  2. er soll eine Serie von so genannten Meridianpunkten für etwa eine halbe Minute mit den Fingern klopfen und
  3. dabei eine einfache Autosuggestionen (Affirmation) vor sich hin murmeln (zum Beispiel „Auch wenn ich Flugangst habe, bin ich vollkommen in Ordnung“),
  4. zum Abschluss solle der Patient bestimmte Augenbewegungen durchführen und dabei
  5. einige Takte eines Liedes vor sich hin summen.

Wenn der Erfolg damit noch nicht eingetreten sei, solle der Patient die Sequenz wiederholen.

Von den Anhängern der EFT/Klopfakupunktur werden grandiose Erfolge behauptet, die angeblich bei praktisch allen psychischen und  körperlichen Störungen eintreten sollen (z.B. bei Phobien, Depressionen, Zwängen, ADHS, psychosomatischen Störungen, Traumata, Allergien, Süchten, Lernproblemen, chronischen Schmerzen usw.). Selbst schwerste, langjährig existierende und komplexe Störungen seien „zu 90 %“ durch eine einzige oder einige wenige Sitzungen erfolgreich und dauerhaft zu heilen.

Dabei sei es weder erforderlich,

  • die Störungen anamnestisch gründlich erkundet zu haben,noch sei
  • eine Auseinandersetzung mit sich selbst oder
  • irgend eine Art der psychodynamischen Integration,
  • des Persönlichkeitswachstum oder
  • des Neulernens

erforderlich. Vielmehr würden sich durch das Klopfen und die Affirmation „negative Emotionen“ nachhaltig auflösen, und das „energetische System“ sei „wieder im Gleichgewicht“.

Die Methode ist in der Fachöffentlichkeit umstritten. Als Kritikpunkte werden u.a. genannt:

  • Bei EFT/Klopfakupunktur handelt es sich um eine altbekannte Methode, die in der Verhaltenstherapie als „Musterunterbrechung“ und im NLP als „Seperator-Technik“ bezeichnet wird: ein normalerweise reflexartig ablaufendes Muster (z.B. ein Patient sieht eine Spinne => er schrickt zurück und ekelt sich) wird in seinem Ablauf durch eine belanglose, ablenkende Tätigkeit unterbrochen. Von einer solchen Methode kann bestenfalls eine aktuelle Entlastung im Sinne einer „Ersten Hilfe“ erwartet werden, aber in der Regel keine nachhaltige therapeutische Wirkung.
  • Derzeit liegen keinerlei Nachweise über die Wirksamkeit von EFT/Klopfakupunktur nach wissenschaftlichen Kriterien mit randomisierten, kontrollierten Studien und akzeptabler Stichprobengröße vor. Die genannten Erfolgsberichte haben den Charakter von Geschichten und persönlichen Erfahrungen ohne wissenschaftliche Relevanz.
  • Das Konzept und die theoretische Fundierung der Methode widerspricht anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Vor allem ist das Konzept der „negativen“ Emotionen als Ursache aller psychischen und körperlichen Störungen, die allein aus einer Blockade in einem (wissenschaftlich nicht feststellbaren) Meridiansystem erklärbar seien, aus psychologischer und medizinischer Sicht nicht aufrechtzuerhalten.
  • Bei den „Meridianpunkten“ handelt es sich um Standard-Orte am Körper, deren Bestimmung und Anwendung mit der überaus komplexen Meridianlehre der traditionellen chinesischen Medizin nur den Namen gemeinsam hat.

Werner Eberwein